Bog Change

Veränderungen sind neurologische Schwerstarbeit

Veränderungsprozesse gehören zum Leben dazu und sind trotzdem extrem herausfordernd. Der Schlüssel lautet Motivation, die ebenfalls viele Facetten hat.
Joe Schmitt

Kaum einer Wort taucht aktuell so oft im Business Kontext auf wie Change. Veränderungen kennzeichen das Leben und die Welt, die sich gerade im Moment in turbolenten Zeiten befindet.
Genau genommen ist es verwunderlich, dass sich der Begriff Change Management etabliert hat. Denn es geht im Kern nicht um Veränderungen, sondern um Verbesserung und Weiterentwicklung. Das diese Ziele Veränderungen nach sich ziehen, ist evident. Aber Change an sich ist neutral und folgt keinem Zweck. Dennoch steht Change im Fokus jeder Weiterentwicklung und führt in Organisationen zu nahezu identischen Verhaltensweisen und Dynamiken. Warum ist das eigentlich so?

Veränderungen tun weh und sind anstrengend

Das menschliche Gehirn ist ein wahres Wunderwerk. Das Organ kann in Bruchteilen von Sekunden Millionen von synaptischen Informationen verarbeiten, sich bin ins hohe Alter weiterentwickeln und parallel die Lebenserhaltung im Hintergrund steuern und dabei neue Probleme lösen oder Neues lernen.
Im Gegensatz zu früheren Annahmen wird Wissen nicht an einem besonderen Ort gespeichert. Sondern Wissen muss man sich als eine spezifische Art von neuronaler Vernetzung vorstellen, die durch eine bestimmte Kombination Wissen in dieser “Matrix” speichert. Der Prozess des Lernens beginnt mit der Aufnahme von Informationen, die dann encodiert und dechiffriert werden, was den eigentlichen Lernprozess auslöst. Haben wir Dinge gelernt, erfordert das Anwenden keinerlei bewußte Anstrengung mehr. Die Prozesse laufen im Hintergrund ab und gehen uns mühelos von der Hand. Ein Indiz dafür wie tief dieser Lernprozess im Gehirn verankert wurde. Das erklärt auch, warum es so unfassbar schwierig ist, sich selbst, Prozesse oder Gewohnheiten zu verändern. Man hat das Gefühl, das Gehirn geht bei Veränderungen förmlich in eine Art gewaltbereite Abwehrhaltung, um das bereits gelernte bis zum Schluss vor Veränderungen zu verteidigen. Daher ist der Widerstand bei Veränderungen von Menschen in Organisationen zunächst etwas zutiefst menschliches. Völlig unabhängig davon wie offensichtlich notwendig oder plausibel diese Veränderung auch erscheinen mag. Gefühl schlägt Ratio. Das Hirn rebelliert. Denn eine Neukodierung erfordert Arbeit des Gehirns. Und genau diese Arbeit versucht unser Gehirn zu verhindern, da es reichlich Kalorien und Anstrengung erfordert.

Veränderungen sind der rote Faden

So sehr Veränderungen schmerzvoll und unangenehm erscheinen, die Fähigkeit uns zu verändern und anzupassen hat dafür gesagt, das sich der Homo Sapiens als Krone der Schöpfung durchgesetzt hat. Der Mensch kann sich wie kein anderes Lebewesen auf neue Lebensumstände einstellen und anpassen. Also ist Veränderung zwar einerseits Schwerstarbeit für unsere Synapsen, anderseits gehört es zum Lebenselexier. Das bedeutet, das wir Menschen fähig sind uns weiterzuentwickeln, auch wenn es weh tut. Was kann also unsere Fähigkeit und vor allem Lust zur Veränderung positiv beeinflussen. Welche Parameter und Aspekte sind relevant für positive Veränderungsprozesse. Dieses Verständnis ist vor allem in Organisationen zwingend erforderlich, da sich hier Menschen nicht aus freien Stücken zur Weiterentwicklung entscheiden, sondern durch Kontexte oder Entscheidungen mehr oder weniger dazu gezwungen werden, was die Bereitschaft nicht selten deutlich herabsetzt. Menschen wollen sich verändern, aber nicht verändert werden. Damit Organisationen sich trotzdem weiterentwickeln können, gehört ein menschlicher, planvoller und professioneller Umgang mit Veränderung zum Rüstzeug erfolgreicher Organisationen. Im Gegensatz ist die Unfähigkeit zum Progress-Management für Unternehmen mit dem Risiko verbunden, sich am Markt nicht mehr behaupten zu können, was den wirtschaftlichen Niedergang des Unternehmens zur Folge haben kann. Kurzum, Weiterentwicklung hat eine wichtige Funktion, daher ist die Frage, was Veränderungsprozesse beschleunigt und vereinfacht für Organisationen elementar.

Motivation ist das Zauberwort

Wir alle wissen, das die Haltung einen extremen Einfluß darauf hat, wie wir Dinge tun. Eine Haltung ist Motivation. Neueste Hirnforschungen haben gezeigt, das Motivation eine Art “Meta-Hormon” freisetzt, das in der Lage ist sämtliche Botenstoffe und andere Hormone positiv zu steuern. Genau dieses Hormon sorgt auch dafür, das wir bis ins hohe Alter lernen können. Solange wir motiviert sind, können neue synaptische Verbindungen erstellt werden, egal ob diese Veränderung bedeuten oder das Lernen einer Fremdsprache. Da stellt sich die Frage, welche Faktoren auf Menschen motivierend wirken.

Motivation – vielschichtig und komplex

Motivation ist ein komplexes Konzept, das die treibende Kraft hinter dem Verhalten und den Handlungen einer Person darstellt. Es gibt verschiedene Arten von Motivation, die unterschiedliche Ursprünge und Auswirkungen haben können.

  • Extrinsische Motivation: Diese Art der Motivation bezieht sich auf Anreize von außen, die dazu führen, dass eine Person eine bestimmte Handlung ausführt. Das können Belohnungen wie Geld, Anerkennung, oder Lob sein. Bei extrinsischer Motivation wird das Verhalten durch externe Faktoren beeinflusst, die darauf abzielen, positive Konsequenzen zu erzielen oder negative Konsequenzen zu vermeiden.
  • Intrinsische Motivation: Im Gegensatz zur extrinsischen Motivation kommt die intrinsische Motivation von innen. Sie bezieht sich auf das innere Verlangen oder den persönlichen Antrieb einer Person, eine Aktivität aus eigenem Interesse oder Vergnügen heraus durchzuführen. Dies kann auf persönlichen Werten, Interessen, oder dem Wunsch nach persönlichem Wachstum und Herausforderung beruhen.
  • Soziale Motivation: Diese Art der Motivation entsteht aus dem Wunsch einer Person, soziale Beziehungen aufrechtzuerhalten, zu pflegen und zu verbessern. Soziale Motivation kann sich auf den Wunsch nach Anerkennung, Zugehörigkeit und Zuneigung von anderen beziehen. Diese Form der Motivation kann eine starke Rolle in sozialen Interaktionen und zwischenmenschlichen Beziehungen spielen.
  • Leistungsbezogene Motivation: Diese Art der Motivation basiert auf dem Wunsch einer Person, bestimmte Ziele zu erreichen und Erfolge zu feiern. Leistungsbezogene Motivation treibt Menschen an, sich persönlich zu verbessern, sich Herausforderungen zu stellen und ihre Fähigkeiten und Leistungen zu steigern.
  • Machtbezogene Motivation: Diese Art der Motivation bezieht sich auf den Wunsch einer Person, Einfluss und Kontrolle über andere auszuüben. Machtbezogene Motivation kann den Drang nach Autorität, Prestige und Einfluss in sozialen oder beruflichen Situationen umfassen.
  • Angstbasierte Motivation: Obwohl sie nicht unbedingt positiv ist, kann Angst eine treibende Kraft sein, die Menschen dazu motiviert, bestimmte Handlungen zu vermeiden oder zu unterlassen. Angstbasierte Motivation kann aus der Angst vor Bestrafung, Versagen, oder negativen Konsequenzen resultieren.

Die Rolle der Emotionen

Motivation kann auf unterschiedlichen Arten entstehen. Allerdings spielen die Emotionen bei allen Arten eine entscheidende Rolle. Wie man bei den Arten sehen kann, sind hier letztendlich immer Gefühle im Spiel. Und genau diese Emotionen sind für eine Veränderung oder Weiterentwicklung unentbehrlich. Jeder rationale Appell wird zwar von unserem Gehirn inhaltlich verarbeitet, doch was unser Gehirn letztlich damit macht wird durch die Emotionen entschieden. Ohne Gefühle, die für das Ausschütten von Botenstoffen und Hormonen verantwortlich sind, wird es nahezu unmöglich Menschen zu irgendeinem Verhalten oder Weiterentwicklung zu motivieren. Welche motivierenden Faktoren für Weiterentwicklung eine tragende Rolle spielen, hängt stark vom jeweiligen Kontext der Organisation selbst und den situativen Kontexten ab.
Losgelöst von den individuellen Kontexten kann man konstatieren, dass eine Angstgetriebene Motiviationsstrategie mit allergrößter Vorsicht zu geniessen ist. Angst ist zwar das stärkste Gefühl, das wir Menschen kennen und funktioniert bei nahezu jedem Menschen mit absoluter Zuverlässigkeit, aber Angst löst bei Menschen auch irrationales Verhallten aus. Genau dieses irrationale Verhalten ist in Weiterentwicklungsprozesse grober Sand im Getriebe. Denn die Dynamiken bei Veränderungsprozessen ist ohnehin schon gewaltig und schwer zu antizipieren, was Change Management immer zu einem Abenteuer mit offenem Ausgang macht.

Fazit

Leben heisst Veränderung. In der Umwelt erlebt man diese Veränderung am offensichtlichsten mit den Jahreszeiten. Aber es gibt noch eine Reihe anderer Prozesse in der Natur, die zyklisch ablaufen und von Veränderungen geprägt sind. Nichts ist so beständig wie die Veränderung. Organisationen sollten daher Veränderung in die Kultur und Arbeitsweise integrieren, um sich immer wieder schnell und geräuscharm auf neue Herausforderungen einstellen zu können.

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