Der Begriff New Work dient als Kollektor für viele Facetten eines neuen Verständnisses von Arbeit. Im Kern geht es dabei in erster Linie um eine andere Haltung, sowohl seitens der Führung und des Managements als auch der Mitarbeiter. New Work stellt den Mensch in den Mittelpunkt der Arbeit. Dieser Ansatz basiert auf der Sichtweise, dass die Rahmenbedingungen der täglichen Arbeit einen wesentlichen Einfluss darauf haben, wie Menschen arbeiten. Motivierte und engagierte Mitarbeiter sind bei New Work die Basis für mehr Zufriedenheit in Teams was sich wiederum positiv auf die Leistungsfähigkeit und den Output der Arbeit auswirkt. Somit ist New Work kein „Selbstzweck“ eines Feel Good-Managements, sondern dient insgesamt dazu, eine Organisation leistungsfähiger zu gestalten. Also eine Win-Win Situation für das Management und die Angestellten in einem Unternehmen.
Die wichtigsten Aspekte von New Work:
- Freiheit
- Selbst- und Eigenverantwortung
- Entwicklung
- Sinn
- Soziale Verantwortung
- Es geht um Kultur, nicht um Tools.
New Work ist in allererster Linie ein Kulturwandel. Dieser Wandel setzt an bestehenden Paradigmen an und erfordert von Managern und Führungskräften ein tiefes Verständnis über den Aufbau und die Funktionsweise von Systemen innerhalb einer Organisation. Wie wenig von diesem Verständnis vorhanden ist zeigt sich eindrucksvoll in Studien, die von verschiedenen Consulting Unternehmen erhoben wurden.
Lt. einer Studie von Kienbaum sehen zwar 74% aller Befragten New Work als Thema ihrer Agenda, allerdings begreifen nur 35% New Work als ein Thema der Organisationsentwicklung. Die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten, bildet im Maßnahmenkatalog mit 70% den Spitzenreiter. Cultural Change belegt hier gerade mal 25%.
Angesichts solcher Untersuchungen ist die Frage berechtigt, ob das Management aus der old economy hierzulande überhaupt in der Lage ist, die Dimensionen des Begriffs New Work zu erfassen und eine eigene Idee davon zu entwickeln, was für die eigene Organisation in Sachen New Work das Richtige ist.
Es gibt keinen Masterplan.
Das perfide an dem Begriff New Work ist, dass keiner so genau was, was es eigentlich bedeutet. Es gibt weder einen konkreten Fahrplan, noch ist es ein Management-System. Und selbst wenn es einen Bauplan gäbe, kann dieser niemals 1:1 auf jede Organisation angewendet werden. Denn jede Organisation hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Menschen und seine daraus folgende Struktur. Wer kann es also dem Manager verübeln, wenn er nach einem New Work Vortrag zu seiner Frau am Abend sagt: "War ganz interessant, aber was das für mich bedeutet - keine Ahnung."
In der Tat sind viele Ideen für eine Organisationsentwicklung immer davon abhängig, wie eine Organisation aufgebaut ist und welche Prozesse die Geschäftsbereiche dominieren.
So verwundert es wenig, dass das bspw. viel gepriesene Holocracy-Modell bei genauerer Betrachtung in vielen Organisationen erfolglos blieb. Denn eine Organisation ist eben kein Computer, der willig ein update frisst und nach dem Booten über ein neues Betriebssystem verfügt. Und selbst bei Computern verläuft ein Update in vielen Fällen alles andere als reibungslos.
Mitarbeiter sind die größte Ressource.
Fakt ist, dass die größte Ressource von Organisationen in den Mitarbeitern selbst liegt. Lt. der letzten Gallup Studie zum Thema Mitarbeiter Engagement haben ca. 15% aller Mitarbeiter innerlich gekündigt und ca. 70% aller Mitarbeiter machen Dienst nach Vorschrift.
Daraus folgt, das in einer durchschnittlichen Organisation lediglich 15% der Mitarbeiter zur Verfügung stehen, die motiviert arbeiten, über den eigenen Tellerrand hinausschauen und sich Teil eines größeren Ganzen fühlen, zu dem sie gerne einen Beitrag leisten.
Das diese Zahlen keine gute Grundlage bilden, um ein Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen, liegt auf der Hand.
Die Gründe für diese Zahlen sind nicht monodimensional und ein Resultat der Unternehmenskultur. Und diese Kultur ist die Quersumme aus vielen Faktoren. Aspekte wie Führungsstil, Werte, Auswahl der Mitarbeiter, Arbeitsplatzgestaltung bestimmen die Kultur eines Unternehmens nachhaltig. Culture eats strategy for breakfast wie es Peter Dunker so treffend formulierte. Doch die Entwicklung einer positiven, konstruktiven Kultur ist eine komplexe Aufgabe mit multilateralen Dimensionen, die man getrost sowohl komplex als auch kompliziert bezeichnen kann.
Das Begreifbare liegt uns mehr.
Doch es liegt in der Natur des Menschen nach Begreifbaren zu suchen. Das Begreifbare liegt uns immer näher als das Abstrakte. Deswegen ist es wenig verwunderlich, dass im Zuge der Digitalisierung der Faktor Mensch in den Hintergrund gerät und Technologie im Duo Hard- und Software die Oberhand gewonnen hat. Das ist eine fatale Entwicklung. Es ist bekannt, dass ca. 70% aller Software Einführungen in Unternehmen mehr oder weniger scheitern. Den für die erfolgreiche Einführung von Software ist der Faktor Mensch die entscheidende Komponente. Ausgenommen hiervon sind Systeme, die Prozesse steuern und automatisieren.
Die Einführung einer Software stellt in der Regel keinen wirklichen Wettbewerbsvorteil dar. Denn diesen Schritt kann jedes Unternehmen gehen, Budget und Knowhow vorausgesetzt.
Der entscheidende Faktor ist, wie Menschen in veränderten Strukturen mit digitalen Systemen arbeiten. A fool with tool is still a fool. Was passiert, wenn Technologie unreflektiert benutzt wird, ist am System E-Mail sehr gut zu beobachten. Weil jeder ohne Konsequenzen E-Mails verschicken kann, haben Menschen heutzutage 150 oder mehr E-Mails im Postfach und verzweifeln am digitalen Information Overkill.
Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.
Die große Herausforderung in Arbeitsumgebungen besteht darin, alle Facetten so miteinander zu verbinden, dass die Systeme Resonanz erzeugen. Das bedeutet, Daten-und prozessorientierte digitale Tätigkeiten verbinden sich mit dem persönlichen Austausch von Mitarbeitern. Geschwindigkeitsorientierte Tätigkeiten verbinden sich mit entschleunigten Phasen. Kreative Prozesse verbinden sich mit ergebnisorientierten Handlungen.
Diese Prozesse so zu orchestrieren, dass kein Bestandteil selbstreferentiell wird, ist eine große Herausforderung. Diese Herausforderung kann nur gemeistert werden, wenn ein hohes Maß an Eigenverantwortung, Reflexionsfähigkeit und Kommunikation die Basis des täglichen Handelns bestimmt und führt. Doch wer kann solche Prozesse in einer Organisation steuern? Wie kann man erreichen, dass das Ganze mehr ist als die Summe der Teile? Hier gibt es keinen klaren Masterplan. Es ist die kosmische Melange an einzelnen Faktoren, die das Thema Kultur so anspruchsvoll macht. Sicher ist jedoch, dass die Führung einen erheblichen Anteil daran hat, wie Menschen sich fühlen und verhalten.
Sogenannte Kulturveränderungsprojekte, die nach dem Top-Down Prinzip arbeiten, Leitbilder formulieren und diese als Mantra für Mitarbeiter verordnen, scheitern kläglich an der Beschaffenheit des Systems Mensch. Der naive Glaube, man könne durch ein paar Workshops das Mindset von Mitarbeitern verändern ist Ausdruck eines mangelnden Verständnisses davon wie Menschen funktionieren. Das Mindset von Menschen ist das Ergebnis von 20, 30 oder mehr Jahren Lebenserfahrung mit Erfahrungen, Glaubenssätzen und Einstellungen. Wer glaubt das Mindset könne man einfach so verändern sollte direkt bei sich selber anfangen. Dann wird in der Regel schnell deutlich, wie unsinnig diese Annahme ist.
New Work bietet als Begriff zum ersten Mal einen Rahmen für eine Fülle von Themen rund um das Thema „Zukunft der Arbeit“. Für den einen ist es vergleichbar mit Silbenklatschen oder Stuhlkreis bilden, für andere ein Begriff, der sich mit den richtigen Fragen beschäftigt, ohne konkrete Antworten zu geben.
Den Menschen mehr in den Fokus zu stellen und mit dieser Perspektive Organisationen und Arbeit zu denken ist evident. Allerdings bleiben Unternehmen Organisationen, deren Kern darin besteht, Kundenwünsche so zu befriedigen, so dass ein profitabler Mehrwert entsteht. New Work ist somit kein Selbstzweck, sondern die Herausforderung ökonomische Anforderungen mit menschlichen Bedürfnissen so zu verbinden, dass ein übergreifender Mehrwert mit Wertschöpfung entsteht.