Wenn Veränderungen initiiert werden kommen Widerstände. Change-Management ist daher zum großen Teil Widerstands-Management. Kann man Widerstände verhindern? Und wenn ja, wie?
Widerstand von Veränderungen ist neurologisch gesehen evident. Wenn unser Gehirn Prozesse gelernt und verstanden hat werden diese als Routinen an einem anderen Ort des Gehirns abgelegt. Das Thema verlässt den Präfrontalen Cortex, sagen wir mal salopp den Arbeitsspeicher, und wird weiter „unten“ als Routine gespeichert. Wenn wir Veränderungen initiieren wollen, ob morgens früher aufstehen, den Schreibtisch abends aufräumen oder mehr Sport machen, wir müssen an gelerntes Verhalten ran und dieses verändern. Wie schwer das zu bewerkstelligen ist kennt jeder aus seinem eigenen Leben. Man muss nur den Ort des Staubsaugers in der Wohnung verändern und kann mit Genuss oder Verwunderung zuschauen wie oft man an die „alte“ Stelle rennt, obwohl man doch selber den neuen Ort ausgesucht hat.
Für unser Gehirn ist der Appell an Veränderungen unangenehm. Zum einen ist das Verhalten X bereits als Routine abgespeichert worden. Zum anderen ist der Arbeitsspeicher gerade ausgelastet mit aktuellen Herausforderungen. Die Veränderung eines Verhaltens bedeutet also den ohnehin schon ausgelasteten Arbeitsspeicher mit etwas zu belasten, für das gerade keine Kapazität vorhanden scheint.
Das System Veränderung bedeutet also immer etwas gewohntes anders zu machen. Was das bedeutet kennt jeder, der Sportarten betreibt, wo Koordination und Bewegungsabläufe wichtig sind wie zum Golf, Tennis oder auch Tanzen. Wer sich beim Tennis falsche Bewegungsabläufe antrainiert hat wird feststellen wie unfassbar schwer es ist hier eine dauerhafte Veränderung zu etablieren. Selbst wenn man in der Trainingsstunde den neuen Move verstanden und umgesetzt hat greift das Gehirn zwei Tage später auf den alten Move zurück. Der neue Prozess war noch nicht synaptisch etabliert und löst sich leider schneller in Luft auf als uns lieb sein kann.
Für Veränderungen ergeben sich also zwei zentrale Fragestellungen:
1. Welche Motivation kann geschaffen werden, um Veränderungsprozessen gegenüber offen zu sein und die Herausforderung annehmen zu wollen?
2. Wie kann ein Veränderungsprozess so gestaltet werden, das ein neues Verhalten etabliert werden kann?
Motivation ist der wichtigste Treiber, um überhaupt eine Chance zu haben, dass Veränderungen aufgenommen und nachhaltig umgesetzt werden. Doch was motiviert Mitarbeiter sich auf Veränderungsprozesse einzulassen, wenn diese zusätzliche Anstrengungen erfordern. Häufig wird versucht diese Motivation über rationale Argumente herzustellen. Doch rationale Gründe reichen in der Regel nicht aus als Treiber. Was benötigt wird ist ein emotionaler Mehrwert, denn Emotionen sind für Menschen das Salz in der Suppe, das am Ende den Unterschied macht. Wie ein emotionaler Mehrwert aussehen kann ist höchst unterschiedlich. Aber ein guter Weg ist immer eine Emotion über ein Teamgefüge herzustellen. So schwierig die Zusammenarbeit unter Menschen auch oft ist, das Gefühl gemeinsam etwas geleistet zu haben verbindet, schafft ein Wir Gefühl und löst positive Emotionen aus.
Diese Emotionen sind es auch, die dafür sorgen, dass angestoßene Veränderungen sich nachhaltig etablieren. Denn Mitarbeiter wollen ein positives Gefühl gerne immer wieder haben. Dazu ist es jedoch notwendig die Dynamik im Team immer wieder zu beleben, damit trotz Etablierung nicht das Gefühl von neuer Routine aufkommt. Auch wenn sich Routine sicherlich zwangsläufig einstellen muss, wenn erlerntes ohne jeden Aufwand immer wieder abgerufen wird.
Aus der Sicht von Mitarbeitern stellt sich bei jedem Veränderungsprozess oder sagen wir Veränderungswunsch des Managements eine Kernfrage: Was hab ich davon? Wenn ich 20% effektiver arbeite, werden diese 20% mit neuen Aufgaben gefüllt, so das unterm Strich keine wirkliche Veränderung der Arbeitsbelastung auf mich zu kommt. Im Gegenteil, ich muss immer wieder Energie ins Lernen investieren und am Ende zahlt es sich für mich nicht aus. Gegen dieses rationale Argument kann in der Tat nur wenig stichhaltiges entgegen gebracht werden.
Auch wenn emotionale Anreize ein probates Mittel sind, um Offenheit gegenüber Veränderungen zu fördern, sind Belohnungsstrategien sicherlich der Rahm auf der Butter. Hier können Organisationen einige Optionen bereithalten. Flexibilisierung der Arbeitszeit, Verkürzung der Arbeitszeit, neue Arbeitszeitmodelle und natürlich Boni Angebote wie zusätzliche Urlaubstage, Firmenwagen, technische Gadgets etc.
Leben heisst Veränderung. In der Umwelt erlebt man diese Veränderung am offensichtlichsten mit den Jahreszeiten. Aber es gibt noch eine Reihe anderer Prozesse in der Natur, die zyklisch ablaufen und von Veränderungen geprägt sind.
Eine selbstlernende Organisation schafft es, das Thema Veränderung in die DNA zu integrieren und vom Ausnahmefall zur „Routine“ zu machen. Weg von „das Bessere ist der Feind des Guten“ hin zu „think, change, work“. Oder wie es im Qualitätsmanagement genannt wird, der „PDCA“ Zyklus.
Allerdings kann so eine Haltung nie von oben verordnet werden, sondern muss von den Mitarbeitern getragen werden. Das Management kann hier lediglich initiieren und Rahmenbedingungen schaffen, die zu dieser Haltung einladen und motivieren.